Das Brackvenn befindet sich etwa 100 km von Köln entfernt. Ein faszinierender Teilbereich des Naturschutzgebietes Hohes Venn an der belgisch-deutschen Grenze, einer einzigartigen Hochmoorlandschaft. Im Vorfeld einer solchen Wanderung macht man sich zwar Gedanken, wie es so wäre in einem Hochmoor. Aber in natura, wenn dann alle Sinne angesprochen werden, war unsere Wanderung ein unvergleichliches Erlebnis.
Diese Welt aus stehendem Wasser, blubberndem Wasser, das sich mitunter im grünen Dickicht versteckt, dem unsichtbaren Wasser, das nur zutage gefördert wird, wenn man einen Schritt im Torf setzt, wie kann ich diese Welt beschreiben? Und diese Schritte, die im Moor federn, gepuffert werden, nur zwar sehr kurz, aber doch wie ein Echo zurückkommen?
Dann noch diese bizarren Formen der Vegetation und die Faszination, die es auf einen ausübt. Wie soll man das wiederum beschreiben? Algenartige Pflanzen, die aus einem unsichtbaren Wasser entsprungen zu sein scheinen, filigrane Gräser in den verschiedensten Farbtönen, dichte Moospolster, manchmal sehr dichte Büsche, dann wiederum spärlicher Baumbewuchs, in der Entfernung Wälder im Wechsel mit einer weitläufigen Graslandschaft.
Eine mir unbekannte Welt, die es galt, zum großen Teil über die Holzstege, die sich durch das Moor schlängeln, zu entdecken.
Vom Transportweg zum Naturschutz: Holzstege
Eine Wanderung über Holzstege? Hört sich befremdlich an. Heute dienen diese Holzstege dem Naturschutz, in der Vergangenheit hatten sie eine andere praktische Funktion. Sie wurden ursprünglich angelegt, um den Abtransport von Torf und anderen Materialien zu erleichtern, aber auch um schnell von einem Dorf zum anderen zu gelangen. Sie erinnern zwar an diese historische Nutzung, bieten uns aber zugleich eine Möglichkeit, das Moor nachhaltig zu erkunden.
Geologie des Brackvenns
Hochmoore zählen zu den seltensten Landschaftsformen Europas. Ähnliche Hochmoorlandschaften wie das Brackvenn gibt es in Europa nur noch in Schottland. Das „Flow Country“-Hochmoor mit dem Status Unesco-Weltnaturerbe zählt zu den intaktesten Hochmoorsystemen der Welt, während im Hohen Venn die Renaturierung voranschreitet.
Vereinfacht ausgedrückt entstehen Moore auf niederschlagsreichen Feuchtgebieten bei hoher Luftfeuchtigkeit. Also auf Böden, deren Wasserverlust durch Abfluss und Verdunstung geringer als durch Niederschlag ist. Das sich stauende Wasser verlangsamt in Kombination mit den aus dem Boden austretenden oder vom Regen zugeführten Mineralstoffen die Zersetzung organischen Materials.
Falls der Boden sonnenreicher als ein Wald ist und durch spezielle Pflanzen, wie beispielsweise Torfmoose, besiedelt wird, ist eine weitere Bedingung erfüllt. Wenn dann noch mengenmäßig mehr Pflanzen als die sich zersetzende Menge an Pflanzensubstanz wachsen, wandelt sich dieser nährstoffreiche Boden im Laufe der Zeit zu einem nährstoffarmen mit geringem Sauerstoff-Anteil. So entsteht Torfboden. Einem Geologen würden sich bei dieser Erklärung die Nackenhaare sträuben – aber sei es drum.
Es gibt unterschiedliche Arten von Mooren. Das Brackvenn ist ein Hochmoor, wird aber nicht deshalb Hochmoor genannt, weil es auf einem Plateau in 615 m Höhe liegt. Vielmehr ist der Prozeß des im Laufe von Jahrhunderten bzw. Jahrtausenden sich Schicht für Schicht noch oben aufbauenden Torfbodens der Namensgeber für diese Art von Mooren. Ein Hochmoor lebt! Und ein wichtiger Aspekt ist:
Moore binden CO2.
Sie speichern mehr CO2 als alle Wälder dieser Welt!
Torf als Rohstoff
Jedoch ist und war Torfboden ein begehrter Rohstoff und um an diesen zu gelangen, muß man Moore trocken legen. So war Torf in frühen Zeiten als fossiler Brennstoff sehr begehrt. Aber in unserer Zeit? Jetzt vielmehr ist Torf Substratboden für den Gemüseanbau. Nerijus Zableckis (Litauischer Naturschutzfond) behauptet: „In beinahe jeder spanischen Gewächshaustomate und in 99 Prozent aller in der EU verspeisten Salatköpfe steckt baltischer Torf in der Erzeugung.“ (siehe Artikel des NaBu [Naturschutzbund]: Link unten).
Resümee
Wir sind 8 km in zwei Schleifen gewandert. Interessierte können unsere Tour bei Komoot (siehe unten) nachwandern. Unsere Route führte zu 85 % über Stege, manchmal über Wurzelwerk, manchmal über den elastischen Torfboden. Gelegentlich schritten wir über instabile Stege, so dass wir eher am Rand der Verstärkungen gingen als mittig bequem; verschiedentlich mußten wir auf einem Pfosten warten, bis ein uns entgegenkommender Wanderer den schmalen Weg passieren konnte; manchmal kamen wir nicht umhin, die Stege zu verlassen. Und ja, so passiert es dem einen oder anderen wie mir, dass man auf einmal bis zu den Knöcheln einsackt und naß wird.
Deshalb, achtet im Moor auf Eure Schritte Reisende
Reiseempfehlung: | Ja unbedingt! |
Zu beachten: | Teilstrecken können je nach Saison und Witterungsverhältnissen geschlossen sein. Bitte auf den jeweiligen Seiten vor Reiseantritt informieren: Hautes-Fagnes: Zugänglichkeit. |
Koordinaten: | Parking Nahtsief, 4700 Weismes, Belgien 50.568119, 6.180628 |
Entfernung: | Köln/Kalk: 81 km Istanbul/Bağlarbaşı: 2.425 km |
Wanderwege: | Komoot: Belgien: Hohes Venn: Fagne de Brackvenn |
Informativ: | Wikipedia: Hohes Venn UNESCO: The Flow Country Nabu (Naturschutzbund): Langzeitprobleme durch Torfabbau: Schutz der Moore ist praktischer Klimaschutz |
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