Niederlande: Julianadorp; Hollanda: Julianadorp

Nieder­lande

Niederlande: Fahne; Hollanda: Bayrak

Die im Jahr 1815 gegründete Niederlande ist eine von vier autonomen Ländern des König­reichs der Niederlande. Ihr poli­tisches System ist eine parlamen­tarische Monarchie, ihr Staats­ober­haupt gemäß der Verfassung der jeweilige König:in. Die Nieder­lande hat 17.815.508 Einwohner – nach inoffiziellen Schätzungen hat Istanbul vergleichweise die gleiche Einwohner­zahl.

Der Titel „… und die Niederländer“ klingt etwas ungewöhnlich, denn man spricht eher von den Holländern als von den Nieder­ländern. Allerdings ist Holland nur eine Teilregion der Nieder­lande bzw. 2 von 12 Provinzen: Nord- und Südholland. Die Verwendung des Synonyms „Holland“ hat vermutlich histo­rische Gründe. Denn zu Beginn des 10. Jahrhunderts wurde die Grafschaft Holland gegründet. Holland war Teil des Stammes­herzog­tums Lothringen, um 925 fiel es dann an das Ostfrankenreich.

Die Geografie hat höchst­wahr­scheinlich auch den Namen des Landes geprägt, der auf Deutsch „Niederlande“, auf Nieder­ländisch „Nederland“ lautet. Denn 25 % des Landes befinden sich unter dem Meeres­spiegel-Niveau. Auch ist das Land sehr flach. Der Vaalserberg in Limburg ist mit einer Höhe von 322 Metern die höchste Erhebung – in Deut­schland wäre dies ein Hügel.

Die Land­gewinnung

Niederland: Deich; Hollanda: Su benti

Die Niederlande besteht zu großen Teilen aus Land, das dem Meer seit dem Mittel­alter oder gar früher schon abge­rungen wurde. Neuland kann durch unter­schied­liche Verfahren gewonnen werden. In den Niederlanden wendet man die Technik der Abdämmung durch Deiche an. Das Jahrhunderte alte und nach wie vor funktionierende System von Deichen, Schleusen und Wind­mühlen zur Entwässerung und Landgewinnung in Kinderdijk ist ein beeindruckendes Beispiel hierfür. Viele der Mühlen sind um 1730 erbaut worden und gehören zum UNESCO-Welt­kultur­erbe: „Mill Network at Kinderdijk-Elshout“ (Mühlenverbund von Kinderdij-Elshout).

Diese Art der Land­gewinnung jedoch verhindert, dass sich Sedimente absetzen können. Das neu gewonnene Land bleibt dadurch unter Meeres­spiegel-Niveau. In der Geschichte führte dies deshalb bei der Sturm­flut von 1134 und der Flut von 1953 zu ver­hee­ren­den Über­schwem­mungs­katastrophen von enormem Ausmaß.

OpenStreetMap-Karte: Niederlande: Flevoland; OpenStreetMap-Haritası: Hollanda: Flevoland

Flevoland ist das jüngste Beispiel für Landgewinnung. Im Jahr 1932 begann man mit dem Eindeichen und der anschließenden Trocken­le­gung von Teilen der Meeres­bucht Zuiderzee. Dies wurde sukzessive weiter ausge­baut, wodurch die Zuider­zee verschwand und das Ijssel­meer ent­stand. Das neu gewonnene Land wurde 1986 zur Provinz „Flevo­land“, die im Durch­schnitt fünf Meter unter dem Meeres­spiegel liegt. Der Artikel „In Flevoland zeigt sich die Kunst der Nieder­länder“ umreißt dieses Thema sehr gut.

Kolonien der Barm­herzigkeit

Aufgrund der Notwendigkeit rückten die Menschen zwangs­läufig enger zusammen. Denn nur Hand in Hand konnte man Land gewinnen, es bewirtschaften, sich schützen und dies über Jahr­hunderte hinweg unermüdlich fortsetzen. Dies prägte in beson­derem Maße die niederländische Kultur und das Selbstverständnis der Niederländer im Hinblick auf soziales Miteinander, davon bin ich überzeugt. Meiner Meinung nach spiegeln die im 19. Jahr­hundert gegründeten Kolonien der Barmherzigkeit dies ebenfalls wider.

Es handelte sich um ein groß angelegtes Experiment, das von der Maatschappij van Weldadig­heid (Gesellschaft der Wohltätig­keit), einer philan­thropischen Gesellschaft, ins Leben gerufen wurde. Arme Familien, Bettler und Landstreicher sollten befähigt werden, sich als Selbstversorger ihren Lebensunterhalt zu ver­dienen. Dazu wurden ungenutzte Landflächen aufge­kauft und Wohnheime, Bauernhöfe, Kirchen, Gemein­schafts­einrichtungen und Schulen errichtet. Das Projekt erregte internationale Auf­merk­samkeit und diente als Vorbild für andere Länder. Die durch die Selbst­ver­sorger-Kolonien ent­standene Kulturlandschaft hat sich bis heute in Frederiksoord, Wilhel­minaoord, Wortel und Veenhuizen erhalten. Im Jahr 2021 wurden diese Gebiete unter dem Namen „Colonies of Benevolence“ zum UNESCO-Welt­kulturerbe ernannt. Interes­sierte finden weitere Informationen in dem Artikel „UNESCO Welterbe – Armen-Kolonien“ (Seite des belgischen und niederländischen Weltkulturerbes).

Kulturelle Eigen­arten oder Besonder­heiten

Fahrräder

Fahrräder sind im niederländischen Leben nicht wegzudenken. Sie sind mehr als ein Hobby und mehr als Sport. Egal welches Wetter, egal welches Alter, egal wo – manchmal wirkt es sogar, als ob sie zu den Niederländern gehören wie eine zweite Haut. Das Hollandrad gewann bereits in den 70ern Bekanntheit und ist heute ein Klassiker. Es handelt sich um ein etwas klobiges, klassisches Stadt-Fahrrad, das zum Einkaufen und für kürzere Touren gedacht ist.

In den Niederlanden kann man mit dem Fahrrad in einer sonst nirgendwo von mir gesehenen Selbstverständlichkeit überall hin – sogar in Wasserbusse. Ich werde unsere Verwunderung nicht vergessen, als wir bei unserem ersten Besuch in Amsterdam ein Parkhaus sahen, das bis obenhin über zwei Etagen nur mit Fahrrädern vollgestellt war. Ein Niederländer erklärte uns, dass es üblich sei, zwei Fahrräder zu besitzen: eines für den täglichen Gebrauch und ein weiteres für besondere Tage wie Wochenenden oder Feiertage.

Fenster + Gardinen

Was ist das Mysterium, das niederländische Häuser ansprechend, gar einladend wirken läßt? Sind es die Fenster? Wenn man vorbeigeht und in die Fenster schaut, was zwangsläufig passiert, kann man oft bis zur anderen Seite des Hauses sehen, da in den Niederlanden viele Fenster keine Gardinen haben. Dadurch wirken auch sehr kleine Räume sehr licht und größer, als sie tatsächlich sind. Eine weitere Eigenart ist, dass die Niederländer diese ihre Fenster mit allerlei Zeugs wie Blumen, Vasen, Figuren usw. schmücken. So sieht jedes Fenster anders aus und lädt zum Betrachten ein – so wird aus einem Wohnungs-Fenster ein Schaufenster.

Insbesondere abends, wenn es dunkel wird und man allenortes in die Wohnungen noch besser reinblicken kann, wirkt es auf uns, die wir eine andere Fenster-„Kultur“ kennen, noch eigenartiger. Man hat es durch eine moderne Sage, die sogenannte Gardinensteuer versucht zu erklären, aber an dieser Geschichte ist nichts fundiert. Vielleicht liegen die Mutmaßungen über calvinistische Ursprünge richtig – einer theologischen Bewegung, dessen Lehre von den Gläubigen eine tugendhafte Lebensführung abverlangte. Möglicherweise sollte durch offene Fenster signalisiert werden, dass man nichts zu verbergen hat – wer weiß?

„Flessenlikker“

Was sagt wohl der „Flessenlikker“ über die Mentalität der Niederländer aus? Sind sie wirklich sparsam? Ich finde es nicht verwerflich, sparsam zu sein und ehrlich hätte ich gewußt, dass es so was gibt, so hätte ich bei einem meiner Besuche in den Niederlanden diese Gerätschaft gekauft. Denn es stört mich ungemein, dass oft ein Rest von beispielsweise Tomatenmark oder Joghurt in Gläsern bleibt, der weggeschmissen wird, nur weil man nicht rankommt. Hier hilft der „Flessenlikker“! Den werde ich bei meinem nächsten Besuch suchen und kaufen. Dann gibt es hier auch ein Foto des „Flessenlikker“s. Bis dahin könnt Ihr Euch auch gerne diese lustige Video „Only DUTCH people use this!“ auf Youtube anschauen.

Bargeld

Ein Punkt, der mich ungemein stört, ist die Abschaffung des Zahlens mit Bargeld. In den Niederlanden ist es mittlerweile oft nicht mehr möglich, mit Bargeld ein Busticket zu kaufen, eine Tasse Kaffee zu bestellen oder sogar auf Toiletten zu gehen. Ähnliche Tendenzen gibt es auch in Frankreich. Es ist anzunehmen, dass es irgendwann kein Bargeld mehr geben wird. Wir werden dann nur noch mit „Luft“ bezahlen und uns in eine staatliche Abhängigkeit begeben, in der wir nur noch hoffen können, dass kein Tyrann an die Macht kommt. Oder wir finden uns, um diesen Zwängen zu entgehen, in einer Tauschgesellschaft wieder. Da bleibt nur noch zu sagen „Back to the roots“ (Zurück zu den Wurzeln).

Die nieder­ländische Hilfs­bereit­schaft

Als Reisende in einem anderen Land mit fremder Sprache und Kultur ist man sehr oft auf die Hilfsbereitschaft der einhei­mischen Bevölkerung ange­wiesen. Der­artige Erfahrungen prägen dann sehr oft das Bild eines Landes. Bei unseren zahlreichen Besuchen in den Niederlanden haben wir viel erlebt, des­halb fallen mir viele erlebten Geschichten zu diesem Thema ein.

Eine Geschichte handelt von einem Straßen­bahnfahrer in Den Haag, der seine Straßen­bahn anhielt, ausstieg und uns den Weg be­schrieb. Oder als wir ver­sehentlich in einen Wasserbus stiegen und deshalb an uns kein Ticket verkauft wurde. Oder als uns ein privater Shuttle-Bus kostenlos zur von uns gesuchten Haltestelle fuhr.

Daher maße ich mir an, dies beurteilen zu können. Ein einziger Satz genügt: „Danke für die nieder­ländische Hilfsbereitschaft“. In der Türkei gibt es ein Sprichwort „İnsan insana muhtaçtır“ im Sinne von „Der Mensch ist auf den Menschen angewiesen“ – deshalb:

in der Hoffnung auf Hilfs­bereit­schaft überall auf der Welt Reisende

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

de_DE