Deutschland: Teutoburger Wald: Externsteine; Almanya: Teutoburg Ormanı: Externsteine

Deutsch­land: Teuto­burger Wald: Extern­steine

03.07.2022: ein Tag, der ver­sprach warm zu werden, mich zu­gleich be­fürch­ten ließ, dass es wieder eine be­lastende schwüle Wärme der letzten Tage werden würde. Jedoch erleb­ten wir einen schönen Tag mit einer wunder­baren leich­ten Brise und einem himmel­blauen Himmel mit weißen Watte­bausch-Wolken – und sahen die Extern­steine.

Ich war neu­gierig, denn schon seit Jahren hatte ich die Extern­steine in Horn-Bad Meinberg auf meiner Will-Sehen-Liste notiert. Die Magie fing be­reits während unseres Weges dort­hin an. Auf ein­mal ver­nahmen wir noch im Wald eine aus der Ent­fer­nung zu uns wehende Flöten-Melodie, die zu­sam­men mit dem Vogel­ge­zwit­scher uns an­hal­ten ließ, nur um diese Klänge still zu ge­nießen.

Und nun, als wir aus dem Wald her­aus tra­ten, war der An­blick dieser Fels­for­ma­tion impo­sant. Noch im Schat­ten des Waldes ste­hend links die Extern­steine, rechts von Ihnen eine Lich­tung, auf deren Wiese ver­ein­zelt ein paar Bäume Schat­ten spende­ten. Ob­zwar ein Wochen­ende, waren ent­gegen meiner An­nahme wenige Menschen dort. Eine freund­lich-ge­las­sene Stim­mung herrsch­te vor. Um dies alles auf uns ein­wirken zu lassen, ließen wir uns zuerst unter einem Baum auf der Wiese nieder. Der Flöten­spie­ler trug sein Eigenes zu dieser Stim­mung bei.

Meine Gedanken schweif­ten ab und ich ver­such­te mir vor­zu­stellen, dass ich als ein Wan­derer vor über 2500 Jahren auf ein­mal un­ver­hofft vor diesen Felsen stünde. Wie hät­ten diese da­mals aus­ge­sehen und auf mich ge­wirkt? Wäre ich nicht über­wäl­tigt ge­wesen und gar etwas ängst­lich? Viel­leicht hätte ich ge­dacht, dass dies ein gött­licher Ort sei?

Geo­logische Ent­stehung

Schwer vor­stell­bar ist, dass die Extern­steine Meeres­grund waren und im Laufe von Jahr­mil­lionen durch tek­to­nische Kräfte auf­ge­rich­tet wur­den. Jetzt ragen diese Fels­for­ma­tionen bis zu 40 Meter in die Höhe. Op­tisch sehen sie bei­nahe so aus, als hätte je­mand einen Gebirgs­kamm, der aus einem Wald her­aus­ragt, mit einem Beil zer­klüf­tet. Die mar­kan­testen Fels­nadeln sind be­gin­nend am Teich im Süd­osten durch­num­meriert – natür­lich haben sie aber im Volks­mund be­zeich­nen­dere Namen.

Felsen 5: Rufer­felsen

Deutschland: Teutoburger Wald: Externsteine: Ruferfelsen; Almanya: Teutoburg Ormanı: Externsteine: Çağıranın kayası

Der Rufer­felsen (Felsen 5) ist nicht zu­gäng­lich. Seinen Namen ver­dankt er der Ähn­lich­keit mit einem nach Süd­osten blickenden Männer­kopf – grün markiert.

Felsen 4: Wackel­stein­felsen

Deutschland: Teutoburger Wald: Externsteine: Wackelsteinfelsen; Almanya: Teutoburg Ormanı: Externsteine: Salanan kaya

Woher der Name Wackel­stein­felsen (Felsen 4) ab­ge­lei­tet wurde, wird spä­tes­tens klar, wenn man den Felsen sieht. Ein loser Felsen ruhte auf der Spitze, bis dieser dann mit Beton und Metall­bän­dern ab­ge­sichert wurde. Für mich je­doch hat dieser Felsen eher eine Ähn­lich­keit mit einem Dackel, der Männ­chen macht – zu­mindes­tens von der Warte, aus der ich das Foto machte.

Zwischem der Kluft von Felsen 3 und 4 führt ein Weg den Be­sucher zur Rück­seite dieser Fels­formation.

Felsen 3: Treppen­fels

Beim Treppen­fels (Felsen 3) ist un­schwer zu ver­mu­ten, dass die in den Fels ge­hauenen Treppen­stufen der Namens­geber sind. Die Treppen winden sich steil und eng um diesen Fels und enden oben an der Spitze an einer kleinen Eisen­brücke mit Holz­planken.

Felsen 2: Turm­fels

Deutschland: Teutoburger Wald: Externsteine: Turmfels; Almanya: Teutoburg Ormanı: Externsteine: Kule kayası

Nur über eine Eisen­brücke ist der Turm­fels (Felsen 2) für den Be­sucher er­reich­bar. Dort findet man die Höhen­kammer (bzw. auch Sazel­lum genannt). Vielleicht fragen Sie sich, warum Kammer, fehlt doch die Decke? Die ist irgen­wann ab­handen ge­kommen – Sprengung?

Felsen 1: Grotten­fels

Deutschland: Teutoburger Wald: Externsteine: Kreuz­abnahme­relief; Almanya: Teutoburg Ormanı: Externsteine: Haçtan indirme rölyefi

Am Fuße des Grotten­fels (Felsen 1) rechts vom Ein­gang findet man das be­rühmte, monumen­tale 5,5 Meter hohe Felsen­re­lief – das „Kreuz­ab­nahme­relief“. Es ist die ältes­te, von der da­ma­ligen Stein­metz­kunst seines­gleichen suchende Fels-Relief­plastik im nord­west­euro­pä­ischen Raum. Un­ver­kennbar ist der christ­liche Ur­sprung. Be­trach­tet man das Relief genauer, fal­len einem aber drei Bereiche auf.

Der untere Be­reich, der wie ein un­ter­ir­disches Wurzel­werk mit weichen, un­schär­feren (alten?) Formen dar­ge­stellt ist. Dieser Bereich hat links so­was wie einen Lüf­tungs­schlitz und rechts eine große runde Aus­höhlung und dar­über noch eine kleinere. Dann kommt das eigent­liche Re­lief mit der ein­deu­tig christ­lichen Szene, sehr prä­zise und kan­tig aus dem Fels ge­hauen. Und dann gibt es ober­halb einen grob raus­ge­hauenen Be­reich, wo links ein runde Delle und am oberen mit­ti­gen Rand ein Belüf­tungs­schlitz zu sehen ist.

Hinter diesem Felsen­relief be­fin­den sich drei von Men­schen­hand durch Feuer und Ab­schlag er­schaf­fene Grot­ten. Ein Ein­gang be­fin­det sich direkt rechts neben dem Re­lief. Eine präzise Da­tie­rung der Grot­ten bzw. der unter­such­ten Stel­len dort er­folg­te durch die Heidel­berger Akademie der Wissen­schaften:

  • Haupt­grotte und Neben­grotte: zwei Feuer­spuren stammen aus der Zeit um 1325 (+- 50 Jahre) und 1425 (+- 63 Jahre); eine weitere um 1030 (+- 100 Jahre)
  • Kuppel­grotte: Brand­spuren aus dem Bohr­kern der Decke stammem aus der Zeit um 934 (+- 94 Jahre) und 735 (+- 180 Jahre)
Deutschland: Teutoburger Wald: Externsteine: Grottenfels; Almanya: Teutoburg Ormanı: Externsteine: Mağara kayası

Auch hier ist ein Plateau von Menschen­hand aus­ge­arbei­tet worden, der wie zu­vor über „Trep­pen steigen“ zu­gäng­lich ist. Beide male wird der Auf­stieg durch ein wunder­bares Pano­rama be­lohnt. Warum haben sich die Menschen der­ar­tige Mühen gemacht?

Felsen 1b: Grab­fels

Am Grotten­felsen vor­bei in Richtung Weiher findet man den klei­nen be­ar­bei­te­ten Felsen 1b, auch be­kannt als Grab­felsen. Hier in einer Rund­bogen­nische ist der Um­riss eines lie­gen­den Mensches raus­ge­ar­beitet worden.

Zur Geschichte

Nicht an den Extern­steinen, aber in der näheren Umgebung sind archäo­lo­gische Funde aus der Alt­stein­zeit be­legt. An den Extern­steinen, bzw. ge­nauer Kuppel­grotte, be­läuft sich je­doch die früheste Datie­rung auf das Jahr 735. Wohl des­halb wird die Theorie des christ­lichen Ur­sprungs ver­tre­ten. Ob­wohl eine Nutzung der Extern­steine in der vor­christ­lichen Zeit nicht aus­ge­schlossen werden kann, kann sie aber auf der anderen Seite auch nicht be­wiesen werden.

Deutschland: Teutoburger Wald: Externsteine: Höhenkammer ; Almanya: Teutoburg Ormanı: Externsteine: İrtifa odası

Aber die Ver­mutung, dass es sich um ein prä­his­to­risches Gestirns­heilig­tum handelt, ist nicht ab­wegig. Denn so­weit ich die Ver­öffent­lichung „Neue Ver­messung und neue Analyse der mut­maß­lichen astro­no­mischen Pei­lungen an den Extern­steinen“ von Herrn Stein­rücken, Leiter der West­fä­lischen Volks­stern­warte und Plane­ta­riums Reckling­hausen, ver­stan­den habe, kann auf­grund der ge­ge­benen Daten eine Ver­wendung zwecks kalen­da­rischer Beob­ach­tung nicht aus­ge­schlos­sen werden. Er be­tont je­doch, dass eine archäo­astro­no­mische Be­urtei­lung nur unter Ein­be­ziehung der Land­schaft von Be­deutung sein kann.

Nirgend­wo konnte ich nach­lesen, welche Funk­tion dieser aus dem Fels gehauene Sockel in der Nische mit der Öffnung oben (Höhen­kammer, Turm­fels) hat. Diese Öffnung über dem Sockel, ein Rund­fenster (auch Sonnen­loch ge­nannt), ist auf den Sonnen­auf­gang während der Sommer­sonnen­wende aus­ge­richtet.

Es werden viele Fragen auf­ge­worfen. Des­halb, könnte es nicht sein, dass es an den Felsen heid­nische Symbole ge­geben hat und dieser Ort für rituel­le Feier­lich­kei­ten ge­nutzt wurde? Dann wie so oft durch Chris­ten ein­ver­nommen wurde, um heid­nische Rituale zu christ­lichen um­zu­funk­tio­nie­ren? Viel­leicht waren unter den christ­lichen Relie­fen vor­her in Felsen ge­hauene andere Symbole? In diesem Kon­text ist viel­leicht auch die Sage der „Vogel­taufe“ ent­standen?

Die Vogel­taufe

Einer Sage nach soll­ten in der Nähe der Extern­steine Heiden und ihr König von einem Abt ge­tauft werden. Diese wichtige Zere­monie soll­te mit christ­lichen Gesän­gen durch Mönche aus einer an­deren Stadt be­glei­tet wer­den. Die Mönche kamen je­doch nicht an, da sie über­fal­len wur­den. Als der Abt not­ge­drungen die Taufe ohne musi­ka­lische Be­glei­tung vor­nehmen woll­te, er­schien eine Schar von hun­der­ten Vögeln, die sich auf den Bäumen nieder­ließen. Und wie die Vor­sehung es will, die Tauf­ze­re­monie er­folg­te doch unter musika­lischer Beglei­tung und zwar durch Vogel­gesänge.

Die Geschichte der Extern­steine setzt sich fort, in­dem in der Zeit zwischen 1933 und 1945 die Extern­steine zu einer ger­manischen Kult­stätte er­klärt und dort Propa­gan­da­ver­an­stal­tun­gen und Sonnen­wend­feiern ver­an­stal­tet wurden. Wohl aus der poli­tischen und ideo­lo­gischen Bri­sanz her­aus ist des­halb dieser Ort irgen­dwie mit einem Tabu be­legt und macht die wissen­schaft­liche Aus­ein­an­der­set­zung mit dieser Stät­te so schwierig. Ich finde, dass dieser Arti­kel „Kann das Rätsel um die Extern­steine ge­löst werden? (Welt)“ einige Aspekte sehr gut be­leuchtet.

Der Zu­tritt

Der Ein­tritt zu den Felsen 1, 2 und 3 ist kosten­pflich­tig. Das Ent­gelt der Tickets an der Kasse vor dem Ein­gang kommt dem Landes­ver­band Lippe zu­gute. Da es ein Kombi­ticket Hermanns­denk­mal & Extern­steine in Höhe von 6 € (Stand 2022) für Er­wach­sene gab, haben wir uns kurz­ent­schlos­sen ent­schieden, später noch das Hermanns­denk­mal zu be­suchen.

Bei Ihren Reise­vor­be­rei­tungen soll­ten Sie die Öffnungs­zei­ten be­son­ders be­rück­sich­tigen. An­sonsten könn­te es pas­sieren, dass Sie zwar vor den Extern­steinen stehen, aber diese nicht be­steigen kön­nen. Auch sollte man sich auf der offi­ziel­len Seite des Landes­ver­band Lippe vor­ab immer in­for­mieren, ob der Zu­gang unter Um­ständen wetter­be­dingt ge­schlos­sen ist.

In diesem Sinne, laßt Euch ver­zaubern Reisende


Reise­empfeh­lung:unbedingt
Koordinaten:51.869032, 8.917475
Adres­sen:Parkplatz: 51.862446, 8.931932 (auf der Paderborner Straße, Horn-Bad Meinberg)
Falls man mit öffent­lichen Ver­kehrs­mitteln an­reist: es gibt dort eine Bus­halte­stelle: Horn Wald­schlößchen.
Entfernung:Extern­steine – Köln/Kalk: 210 km
Extern­steine – Istan­bul/Bağlar­başı: 2.410 km
Wan­der­wege:Planungsvorschlag für eine Wanderroute von ca. 15 bis 17 km:
Stopp 1: Hermanns­denkmal (32760 Detmold, 51.911695, 8.839658)
Stopp 2: Vogel­taufe (32805 Horn-Bad Meinberg, 51.877788, 8.895988)
Stopp 3: Extern­steine: Mystische Um­gebung (32805 Horn-Bad Meinberg, 51.869032, 8.917475)
Stopp 4: Vom Silber­bach­tal zur Velmers­tot (OH! 8) (Parkplatz Silberbachtal, 32805 Horn-Bad Meinberg, 51.849944, 8.947350)
Stopp 5: Preussische und Lippische Velmers­tot (32805 Horn-Bad Meinberg, 51.839263, 8.955626)
Stopp 6: Einsteiger­tour zum Egge­turm und zu den Extern­steinen (32805 Horn-Bad Meinberg, 51.833408, 8.954221)
In der Nähe:Deutsch­land: Detmold: Hermanns­denkmal
Informativ:Externsteine erleben (Landes­verband Lippe, offi­zielle Seite der Extern­steine: Tickets und mehr)
Die Externsteine geben eines ihrer Geheimnisse preis (Abitur und Studium)
Mythos Externsteine: Erfindung einer germanischen Kultstätte (DAMALS.de)
Bollwerk der Natur (NRW Stiftung)
Die Externsteine (planet wissen)
Rätsel um Externsteine gelöst (Spiegel Wissenschaft)
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