Island

Land aus Eis und Feuer

Island: Geothermalgebiet Námafjall Hverir | İzlanda: Jeotermal bölge Námafjall Hverir

„Land aus Eis und Feuer“ so wurde Island aller­orten be­schrieben, und das weckte meine Neu­gier. Wie wahr! Neben der Gefahr von Vulkan­aus­brüchen kann der Boden unter den Füßen in Island so heiß sein, dass man tun­lichst ver­mei­den sollte, darauf zu treten. Wun­der­schöne kleine Was­ser­bäche, die ein­la­dend in türkis- und milchig-blauen Tönen dahin­plät­schern, können bis zu 200 °C heiß sein. Wenn irgend­wo Nebel aus der Erde auf­steigt sieht und es stinkt, weiß man: hier will einiges aus dem Inne­ren der Erde an die Ober­fläche drin­gen. Mit­unter stei­gen so­gar meter­hohe Fon­tänen heißen Was­sers im Minuten­takt empor.

Island: Jökulsá á Breiðamerkursandi | İzlanda: Jökulsá á Breiðamerkursandi

Dann wieder­um liegt auf der einen Seite das Meer mit seiner schwar­zen Sand­küste, auf der anderen Seite, nur ein paar hun­dert Meter ent­fernt, Glet­scher­zungen – wohl­ge­merkt auf Meeres­höhe. Eis, kristall­klar oder schnee­weiß mit schwarzen Schlieren und/oder wunder­schönen Blau­tönen, treibt in Gletscher­lagunen dahin. Dieses Eis be­nö­tigt mit­unter mehrere hundert Jahre, um dort­hin zu gelangen.

Aus nächster Nähe zeigt sich Island so­dann als ein ver­wund­bares Land: ihre Ober­fläche durch­zogen von Ris­sen – regel­recht zer­rissen, zwei­ge­teilt, mit klaf­fen­den Wun­den, die uns an dem ver­meint­lich festen Boden, auf dem wir stehen, zweifeln lassen.

Island: Stokksnes | İzlanda: Stokksnes

Island, ge­boren aus dem Blut dieser Erde, erschaffen durch Vul­kane. Berge aller­orten, fast alpin an­mu­tend, schnee­be­deckt – aber Berge, die keine sind, son­dern Vul­kane in allen denk­baren For­ma­tionen. Land­schaften, in denen vulkanische Aktivität das Eis zum Schmelzen bringt und dann kilo­meter­weit die Land­schaft mit Gerölllawinen platt­walzt. Oder Hügel, durch­zogen von schwarzem, zäh er­starr­tem Magma.

Im Wechsel finden sich ehe­malige Vul­kane, deren Flanken über Jahr­tau­sende der­art ero­dieren, dass man das Gefühl hat, auf Treib­sand zu wandeln. Dann wieder blickt man auf eine Land­schaft, in der ein Vulkan ein­fach mal Lust hatte, große und kleine Steine weit über das Land zu schleudern. Moos­land­schaften – manch­mal wie aus einem Fantasy­film. Die wenigen Bäume, die man sieht, wirken, als streckten sie ihre Äste ohne Stamm aus der kargen Erde.

Island: Lómagnúpur Scenic Spot | İzlanda: Lómagnúpur Scenic Spot

Island lädt nicht ein, Island braucht nieman­den. Island ist rau. Wer hierher kommt, muss erd­ver­bunden sein, muss Respekt zeigen – vor dieser archaischen, fas­zi­nie­ren­den Natur. Und dann die Menschen, die seit Jahr­hun­der­ten hier leben – wie viel haben sie er­leiden müssen?

Island bringt mich zum Nach­denken, Reisende

Wetter + Wind + Gefahr­meldungen

Oft passiert es Reisen­den, dass sie in ihrer Unter­kunft fest­stecken, weil Islands Wetter­ver­hält­nisse eine Weiter­reise nicht zu­lassen. Die Land­schaft ist karg, bietet selten Schutz vor dem Wind und ist so weit­läufig, dass Hilfe mitunter lange braucht, um einen zu erreichen. Die Straßen außer­halb von Ort­schaf­ten haben nur wenige Park­buchten. All das sollte man bei der Reiseplanung stets mitberücksichtigen. Können Sie sich vor­stellen, inner­halb einer ge­fühl­ten Minute dies alles zu sehen?

  • Ein starker Sturm, bei dem Fahnen stramm in eine Rich­tung wehen,
  • dann Schnee­regen,
  • darauf ein windiger, wolkenverhangener Himmel mit blauen Lücken,
  • so­dann ein abrup­ter Über­gang, fast so, als könne man im Nebel die eigene Hand nicht mehr sehen,
  • gefolgt von Niesel­regen und an­schließen­dem Hagel,
  • dann Wolken, die wie mag­ne­tisch an­ge­zogen hin zum See fließen, um sich mit ihm zu ver­einigen,
  • und letzt­end­lich wieder dieser baby­blaue Himmel mit weißen Watte­wölkchen?
Island: Wetter + Wind + Gefahrmeldungen | Izlanda: Hava Durumu + Fırtına + Tehlike Uyarıları

Wind

Ein eigen­artiges Wetter-Kalei­dos­kop, dass wir in unserem Hotel in der Nähe von Vík í Mýrdal er­lebt haben. Wind­stärken von 9m/s, die für Isländer kaum erwähnenswert sind, machen sich beim Fahren der­art be­merk­bar, dass man das Lenk­rad mit beiden Händen krampf­haft fest­hält. Erst bei Wind­stärken um 20m/s (72 km/h oder 8 Beaufort) wird empfoh­len, das Haus nicht mehr zu ver­lassen.

Schon bei der An­kunft am Flug­hafen in Kefla­vík sahen wir Panele mit Warn­hin­weisen, wie Autos aus­sehen kön­nen, wenn man Islands Wet­ter nicht ernst nimmt. An al­len Sei­ten­fens­tern unse­res Miet­wa­gens klebten Hin­weise, dass beim Öff­nen die Türen gut fest­zu­hal­ten solle. Bereits am ersten Tag haben wir eigene Er­fah­run­gen da­mit sam­meln kön­nen – dieser Hin­weis war nicht um­sonst. Selbst bei nur leicht win­di­gem Wet­ter kön­nen ein­zelne Wind­böen um ein Viel­faches stärker sein.

Gefahr­meldungen

Für die täg­liche Reise­planung in Is­land ist es da­her un­er­läss­lich, sich nicht nur jeden Tag, son­dern auch situa­tions­be­dingt über das Wetter und weitere Un­wäg­bar­kei­ten zu in­for­mie­ren. Welche Gefahren können auftreten? Vul­kan­aus­brüche, Spal­ten­bil­dun­gen, Erd­beben, Stürme, glat­te Fahr­bahnen, Stein­schläge, Schmelz­was­ser­fluten aus den Vul­kan­bergen usw – die Liste ist lang.

Neben der offiziel­len is­län­dischen Web­site „Safe­travel“ bieten auch die Vedur-App, SafeTravel-App und Faerd & Vedur-App Unter­stüt­zung. Zusätzlich findet man auf der Ring­straße In­for­mations­tafeln, die Aus­kunft über Wind­stärken und Tem­pe­ra­turen geben. Man sollte all dies im Auge be­halten, Reisende.

Kultu­relle Besonder­heiten

„Schuhe aus­ziehen“

Über­schrei­tet man eine is­län­di­sche Haus­tür­schwelle, so sollte man die Schuhe aus­ziehen – so­gar in Arzt­praxen. Ein un­ge­schrie­benes Ge­setz, das in der is­län­di­schen Kul­tur tief ver­wur­zelt ist. Viel­leicht auch der sym­bo­lische Über­gang aus einer un­ge­stü­men und manch­mal un­wirt­lichen Na­tur hin­ein in einen ge­schütz­ten, in­ti­men Raum des Hauses. Ganz ge­wiss je­doch dem Um­stand ge­schul­det, vul­ka­ni­sche Asche, Matsch und Lava­staub fern der Wohn­räu­me zu halten.

Einerseits zollt es der Per­son und ihrem Zu­hause Respekt, andererseits spie­gelt sich darin das Le­ben in einer rauen, oft un­barm­her­zi­gen Natur wider. Auch wenn man dann auf Socken geht, kal­te Fü­ße be­kommt man trotz­dem nicht. Denn is­län­di­sche Häu­ser sind in der Re­gel sehr gut iso­liert und warm be­heizt, häufig durch geo­ther­mische Ener­gie. Und ja, jeder Gast, ob Post­bote oder Prä­si­dent, scheint dieser Regel zu folgen.

Island: Hot Pot | İzlanda: Hot Pot

Bade­kultur + Hot Pots

Island ist durch­zo­gen von Ther­mal­quel­len, die schon vor Jahr­hun­der­ten als Fuß­boden­hei­zung ge­nutzt wurden. In einem Land, in dem der Baum­be­stand durch Vul­ka­nis­mus der­art karg war und oben­drein ab­ge­holzt wurde, lag es nahe, das Bade­wasser aus Ther­mal­quel­len zu nut­zen. In mehre­ren islän­dischen Sagas (Laxdœla saga, Eyrbyggja saga …) fin­det sich der Be­zug zur Nut­zung dieser Ther­mal­quel­len – so­wohl zum Baden als auch zu Heil­zwecken.

So ent­stand wohl aus die­ser Not­wen­dig­keit her­aus eine be­son­dere Form der Bade­kul­tur, die ein wesent­licher und tief ver­wur­zel­ter Be­stand­teil des gesell­schaft­lichen Lebens und eine der schönsten Tra­di­tio­nen Islands wurde.

Leider war es mir nicht ver­gönnt, mit­ten im islän­di­schen Nirgend­wo in der Natur, ein­sam ein Bad in einem Hot Pot zu nehmen – es steht noch auf meiner Bucket­list.

Ein Tag in Island ohne Frauen

Am 24. Oktober 1975 stand Islands wirt­schaft­liches Leben still. Warum? Weil die islän­di­schen Frauen die Benach­tei­li­gung – so­wohl im beruf­li­chen als auch im poli­ti­schen Um­feld so­wie die gesell­schaft­lich geringe Wert­schät­zung der ge­leiste­ten Arbeit im fami­li­ären Bereich – nicht wei­ter er­tra­gen woll­ten. Koor­di­niert und aus­ge­rufen wurde diese Aktion von mehreren Frauen­or­ga­ni­sa­tionen. Um breite Ak­zep­tanz zu erreichen, wurde der Tag nicht als Streik tituliert, und das zahlte sich aus. 90 % der islän­di­schen Frauen legten an diesem Tag ihre Arbeit nieder.

Die Versorgung der Kinder über­ließen viele Frauen den Vätern, gar manche über­ga­ben den ahnungs­losen Vätern die Kinder so­gar direkt am Arbeits­platz. Würste waren aus­ver­kauft, da viele Männer nicht kochen konnten. Zei­tun­gen erschi­enen nicht, Fab­riken, Schu­len, Ban­ken standen still, Tele­fo­nie­ren war nicht mehr mög­lich, Flug­gesell­schaf­ten sagten Flüge ab. Man hörte Kinder­stim­men, während im Radio Nach­rich­ten ge­sen­det wurden.

Diese Aktion zeigte Wirkung. Bereits ein Jahr später wurde das erste Gesetz zur Gleich­be­rech­ti­gung er­lassen. 1980 wurde Vigdís Finn­bo­ga­dóttir zur ersten Präsi­den­tin Islands ge­wählt – und zu­gleich zur welt­weit ersten demo­kra­tisch ge­wähl­ten Prä­si­den­tin eines Landes. Was würde wohl ge­schehen, wenn die Frauen dieser Welt nur einen ein­zigen Tag lang nichts täten? Wäre alles so wie früher – oder sind die Männer in­zwischen eman­zipierter?

Island: Islandpferde in Húsavik | İzlanda: Húsavik'deki İzlanda atları

Island­pferde

Island­pferde, oft auch „Is­län­der“ ge­nannt, sind kul­tu­rel­ler Be­stand­teil Islands. Sie stam­men von den Pferden ab, die die ersten Sied­ler im 9. und 10. Jahr­hun­dert mit­brach­ten. Über die Jahr­hun­derte hin­weg pass­ten sich die Tiere der is­län­di­schen Natur an und wur­den durch die In­sel­lage ge­ne­tisch isoliert.

So ent­stand eine be­son­de­re Pferde­ras­se mit ein­zig­ar­ti­gen Eigen­schaf­ten. Um sie zu schüt­zen, gilt ein strik­tes Ein­fuhr­ver­bot für Pferde. Nicht ein­mal ex­por­tier­te Island­pferde dür­fen zu­rück­kehren.

Island­pferde sind wet­ter­fest und verbringen den Groß­teil des Jah­res im Freien. Neben ihrer sanften Cha­rak­ter be­herr­schen sie im Ver­gleich zu anderen Pferde­rassen nicht nur drei, son­dern fünf Gang­ar­ten: darunter Tölt und Pass. Der Tölt gilt als be­son­ders kom­for­tabel für Reiter, da er er­schüt­terungs­frei ist.

Mich je­doch faszinierte vor allem ihre dich­te Mähne. Und ich empfand Freude dar­über, sie nicht – wie oft in Deutsch­land – ein­zeln auf kleinen, ein­ge­zäun­ten Arealen zu sehen, son­dern in großen Her­den auf weit­läu­figen Flächen. Diese Pferde konn­ten, wenn sie woll­ten, ein­fach mal los­ren­nen, einige schlie­fen, andere zank­ten sich oder pfleg­ten sich ein­ander. Ein un­ge­wohnter, schöner Anblick.

Island: Schafsherde | Izlanda: Koyun sürüsü

Schafe

Oft liest man, es gäbe in Island mehr Schafe als Islän­der – oder zumin­dest genau­so viele. Mangels einer ver­läß­lichen Quelle (viel­leicht habt ihr ja einen Tipp?) kann ich nur fol­gen­des sagen: wir sahen deut­lich mehr Schafe als Island­pferde.

Mai ist Läm­mer­zeit. Wir hat­ten das große Glück, direkt vor dem Fen­ster unse­res Ferien­hau­ses eine Schaf­herde mit sehr zahl­reichen Läm­mern beob­ach­ten zu dür­fen. Lämmer, die in großen Gruppen herum­spran­gen, toll­ten und dann ihr Spiel unter­brachen um inne zu halten und nach ihrer Mut­ter zu blöken – ein schöner Anblick.

Genauso wie die Island­pferde wurden auch die Schafe einst von den ersten Siedlern ein­ge­führt – und genau­so haben sie sich über Gene­ra­tio­nen hin­weg der Natur an­ge­paßt. Nicht nur ihr schmack­haf­tes Fleisch gilt als Deli­ka­tesse, auch Butter und Skyr aus ihrer Milch waren über Jahr­hun­der­te hin­weg Teil der islän­di­schen Nahrungs­grund­lage. Island­schafe zeichnen sich neben ihrer spe­ziel­len Klima-an­ge­paß­ten Wolle, durch eine Be­son­der­heit aus. Im Ver­gleich zu anderen Schaf­rassen sind Mehr­lings­ge­burten bei ihnen besonders häufig.

Island: Elfenhäuser | Izlanda: Elf evleri

Elfen + Trolle

Island ist voller Sagen und über­all begegnet man Elfen und Trollen – so heißt es. Der Glaube an Elfen und das „Huldu­fólk“ (ver­bor­genes Volk) ist tirg in der islän­di­schen Kul­tur ver­wur­zelt. Damit diese fre­chen Natur­geister einem wohl­ge­sonnen sind, er­rich­tet man ihnen kleine Häuser an Hügeln und Fel­sen. Sogar Straßen wer­den so ge­plant, dass weder Elfe noch Trolle ges­tört werden könn­ten. Und ja – so un­glaub­lich es für uns auch klin­gen mag, es gibt in Reyk­javík tat­säch­lich eine Elfen­schule namens „Álfa­skólin“.

Gerade in den dunklen Winter­monaten, wenn das Wet­ter rauer wird und die Land­schaft noch mysti­scher wirkt, fällt es nicht schwer, sich vor­zu­stellen, wie ein Troll, der den Sonnen­auf­gang draußen ver­passt, augen­blick­lich zu Stein er­starrt. Oder dass Hühner keine Eier mehr legen, weil man einen Elfen ge­stört hat. Oder dass plötz­lich Stein­schläge nieder­gehen. Wer weiß? Island hat seine ganz eigene Magie.

Is­län­dische Namen

Im ge­sell­schaft­lichen Mit­ein­an­der in Island spricht man sich – ähnlich wie in der Türkei – grund­sätz­lich mit dem Vor­namen an. Während es im Deutschen und Tür­kischen eine Höf­lich­keits­form gibt, kennt man eine solche im Islän­dischen je­doch nicht.

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Nachnamen

Is­län­dische Fa­mi­lien kön­nen Grenz­be­amte in Deutsch­land ganz schön irritieren. Denn Familien­mit­glieder tragen dort nicht zwangs­läufig den­selben Nach­namen. Wie das? Zum einen be­halten Frauen auch nach der Heirat ihren eigenen Nach­namen. Zum anderen set­zen sich die Nach­namen der Kinder ent­weder aus dem Vor­namen des Va­ters oder der Mut­ter mit der Endung -son (für Söhne) bzw. -dóttir (für Töchter) zu­sam­men.

Ein Beispiel, entnommen der Wikipedia-Seite „Is­län­dische Per­so­nen­namen“ greife ich kurz auf:

  • Vater: Jón Einarsson
  • Mutter: Guðrún Mínervudóttir
  • Tochter: Sigríður
  • Sohn: Ólafur

Daraus ergeben sich folgende Nach­namen-Möglich­keiten:

  • nach patro­ny­mi­schem System: Tochter: Jónsdóttir + Sohn: Jónsson
  • nach metro­ny­mi­schem System: Tochter: Guðrúnsdóttir + Sohn: Guðrúnsson

Vornamen

Über­dies müs­sen is­län­dische Vor­namen ent­we­der im offi­ziel­len Per­so­nen­namens­re­gister ent­hal­ten oder vom isländischen Per­so­nen­namens­gre­mium „Man­na­naf­na­nefnd“ ge­prüft und genehmigt sein. In einem Land mit weniger als 400.000 Ein­wohnern ist das noch gut zu orga­ni­sieren. Des­halb genügt es in Per­sonen­listen oft, ledig­lich Vor­name, Nach­name und Be­rufs­be­zeich­nung auf­zu­führen. Wie viele „Peter Mül­ler“ mit dem Be­ruf „In­stal­la­teur“ gäbe es je­doch in Deutsch­land?

Isländisches Wasser

Man könnte Island nicht nur als „Land aus Eis und Feuer“, son­dern eben­so als ein Land des Wassers be­zeich­nen. Nicht nur, weil es eine Insel ist, son­dern weil es mit Wasser über­zogen ist: Wasser, das sich in Seen staut, Wasser in klaren Bächen, Wasser in Form von Eis, Schnee oder Dampf, Wasser vom Himmel – Wasser in allen Varian­ten. Einen eige­nen Ab­schnitt dem Wasser zu widmen, liegt des­halb nahe. Aber es ist mir auch ein per­sön­liches Anliegen.

In einer Welt, in der die Natur zu­nehmend paten­tiert und unter Konzer­nen auf­ge­teilt wird, ver­trete ich die Über­zeugung, dass Grund­lagen des Lebens bzw. der Natur nicht paten­tiert werden dür­fen – also weder Saat­gut, Pflanzen, Tiere, Mikrobe noch Wasser. Den­noch werden heute durch natür­liche Ver­brei­tung paten­tierte Samen auf Felder ge­tragen, auf denen sie nie gesät wurden – und den­noch sol­len Land­wirte dafür zahlen? Ein Unding.

Ob Wasser bereits paten­tiert wurde? Das ich weiß ist. Aber was ich weiß ist, das Trink­wasser Lebens­quell ist – und sollte für alle Menschen frei zu­gäng­lich sein. Ich sehe darin eine der wich­tigsten staat­lichen Ver­ant­wor­tungs­pflichten über­haupt.

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Kaltes Leitungs­wasser + Trink­wasser

Island erfüllt diesen An­spruch in bemerkens­wer­ter Weise. Um­so un­ver­ständ­licher er­scheint es, dass in Island stil­les Was­ser in Flaschen ver­kauft wird. ver­mut­lich, weil manche Tourist:innen es er­warten?

Ich selbst trinke normalerweise kein Leitungswasser, doch in Island tat ich es durch­weg. Und ob­wohl man viel­leicht ein Magen-Darm-Problem er­warten würde , war das Gegenteil der Fall. Ich führe das auf die Qualität des Wassers zurück. Über­dies wird in Res­tau­rants auf Wunsch stets kosten­los ein Krug mit Leitungs­wasser und Gläsern ser­viert. Welch schöne Geste.

Das Trinkwasser Islands stammt größten­teils aus dem Grund­wasser und wird durch Basalt­ge­stein ge­filtert – ein natür­licher Filter von hoher Qua­lität. Da­durch ent­hält es weniger wichtige Elemente wie bei­spiels­weise Kal­zium oder Magne­sium als anderes Wasser. Hat in­folge­dessen einen pH-Wert zwischen 6,5 und 9,5 und wird deshalb als „weich“ ein­ge­stuft. 96 % des Trink­wassers wird unter staat­licher Kon­trolle aus dem Grund­wasser ge­wonnen.

Eine umfassende Wasser­ana­lyse aus 79 Grund­was­ser­zu­lei­tun­gen er­gab: Island hat das qualitativ beste Leitungswasser aller 27 EU-Mitgliedsstaaten. Interes­santer Link zum Thema: OpinVisindi.is: Chemical quality and regulatory compliance of drinking water in Iceland.

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Warmes Leitungs­wasser

Je wärmer man in Island duscht, desto stärker riecht man hinterher nach faulen Eiern. Warum? Der Geruch lässt sich nicht vermeiden – es sei denn, man duscht kalt. Denn für den Geruch ist Schwefelwasserstoff verantwortlich – in kleinen, unbedenklichen Mengen.

Die Zu­lei­tungen für kaltes und warmes Wasser sind ge­trennt. Das heiße Leitungs­wasser stammt direkt aus Thermal­quellen. Es enthält pro Liter 200 bis 300 mg gelöste Mineralien, davon 30 % bis 50 % Kiesel­säure. Dadurch kann das Wasser leicht trüb wirken, aber der Haut tut es gut.

Und ein Tipp für alle Leitungswasser-Nutzer: lassen Sie das kalte Wasser kurz laufen, bevor Sie es einfüllen.

Essen + Trinken

Überall, wo wir in Island aßen, es schmeckte – bis auf eine ein­zige Aus­nahme, bei der wir aller­dings selbst noch hätten nach­würzen können. Daher über­rascht es nicht, dass Island mit Stand Mai 2025 drei mit einem Miche­lin-Stern aus­ge­zeich­nete Restau­rants vor­weisen kann – bei einer Ein­wohner­zahl von knapp 400.000: 2 in Reyk­javík und 1 in Grin­davík.

Island: Suppe | İzlanda: Çorba

Sup­pen

Ob Island als das Land der Sup­pen be­zeich­net wer­den könnte?

Das bleibt jedem sel­bst über­las­sen. Für mich war die Bewandtnis ausschlaggebend, dass es immer kostenlosen Nachschlag gab – bis auf eine Ausnahme. „Suppe über alles“ kann ich nur sagen.

Island: Staldrið Deildartunguhver | İzlanda: Staldrið Deildartunguhver

Tomaten­suppe im Treib­haus

Wie wäre es mit einer Tomatensuppe aus Tomaten, die direkt vor Ort reifen? Serviert in einem Pappbecher – vis-à-vis der heißen Quelle „Deildartunguhver“ und dem Thermalbad „Krauma náttúrlaugar“.

Wo sonst, in einem Land, des­sen Sommer­tem­pe­ra­turen meist unter 20 °C lie­gen, hätte man diese Gelegen­heit? Draußen, wenn der Wind stürmt und die Kälte beißt, sich mit einer lecke­ren To­ma­ten­suppe in einem Treib­haus auf­zu­wär­men – wäre das nicht schön Reisende?

PS: Wie immer brauchten wir keinen Nach­schlag. Ob er hier auch kosten­los ge­wesen wäre?

Island: Reykjavík: Braud & Co | İzlanda: Reykjavík: Braud & Co

Kanils­núður (Zimt­schnecken)

Was Pastéis de Nata für Por­tu­gal, Tavuk Göğüsü für Istan­bul oder Éclairs für Frank­reich sind, das sind Kanils­núður nun­mehr für Island. Zwar ein ein­faches Hefe­ge­bäck mit Zimt­zucker-Fül­lung, aber äußerst lecker. Die Zimt­schnecken von Braud & Co in Reyk­javík, so­wohl in Frakkas­tí­gur 16 als auch in Fákafen 11, kann ich nur emp­fehlen.

Be­son­ders die Teilchen-Be­zeich­nun­gen in dem Laden in Fákafen ließen mich schmun­zeln:
– Croissant: „Butter me up please“
– Pain au chocolat: „The pain I need“
– Bret­zel: „Keep calm and eat bretzel“

Ein­reise

Pass- + Visa­bestimmungen

Vorab sei an­ge­merkt, dass detail­lier­tere und ver­bind­lichere Infor­ma­tio­nen zur Ein­reise nach Island als Tourist auf den fol­gen­den Seiten zu finden sind:

Hier des­halb nur kurz die not­wen­digen Reise­doku­mente auf­ge­führt:

  • EU- und EFTA-Bürger be­nö­ti­gen einen Per­so­nal­aus­weis,
  • Bürger aus dem Schen­gen­raum den Pass und Auf­ent­halts­titel,
  • Bürger außer­halb des Schen­gen­raums ein Visum und den Pass.

Ein­fuhr­bestimmungen

Für eine an­ge­nehme Ein­reise ohne Prob­leme nach Island empfiehlt es sich, sich vor­ab auch über die Ein­fuhr­bestim­mungen zu infor­mie­ren. Ein guter Ein­stieg zu diesem Thema bietet „Skatturinn.is Travel­ling to Ice­land“ nebst Infor­ma­tio­nen zum Thema Duty free.

Lebens­mittel

Island ist teuer. Eine Pizza Mar­ga­rita kostet um die 25 €, eine Toma­ten­suppe auch. Ein Mit­tags-Menü in einem Res­tau­rant mitt­le­rer Kate­go­rie schlägt mit rund 60 € zu Buche. Beson­ders in Erin­ne­rung blieb mir mein ge­lieb­ter Frisch­käse mit sage und schreibe 8 € für 400 g. Nudeln hin­gegen kosten etwa so­viel wie in Deutsch­land.

Wer aus einem Staat außer­halb des Euro­pä­ischen Wirt­schafts­raums bzw. der Frei­han­dels­zone Euro­pä­ischen Frei­han­dels­as­so­zia­tion an­reist, muss be­ach­ten, dass die per­sön­liche Einfuhr von Fleisch- und Mol­ke­rei­pro­duk­ten aus Dritt­staaten (Nicht-EU-/Nicht-EWR-Län­der) nach Island ver­bo­ten ist – nähe­res hier­zu bei „Mast.is: Import of food for per­sonal use“ zu er­fahren.

Medi­kamente

Der fol­gende Tipp gilt glei­cher­ma­ßen für alle Reisen ins Aus­land – also nicht nur nach Is­land. Man benötigt einen Medi­ka­men­ten­plan, der inter­na­tio­nal ver­ständ­lich ist und mit Stempel und Unter­schrift des Arztes ver­sehen wurde. Der ADAC bietet einen Vor­druck „For­mular für die Medi­ka­men­ten­mit­nahme“ zur Verfügung, den man aus­fül­len und vom Arzt bestä­ti­gen lassen kann.

Ferner soll­ten die Medi­ka­mente in der Ori­ginal­ver­packung mit Bei­pack­zettel mit­ge­führt werden. Die Menge für den Eigen­ge­brauch ist vor­ge­schrie­ben und sollte höchstens so viel sein, wie man nach­weis­lich für maxi­mal 100 Tage benötigt. Ein besonderes Augen­merk gilt Medi­ka­menten und Nah­rungs­er­gän­zungs­mit­teln, die im Heimat­land nicht ver­schrei­bungs­pflich­tig sind. Diese kön­nen unter Um­stän­den in Island ver­schrei­bungs­pflich­tig oder sogar ver­bo­ten sein – oder nur unter be­stim­mten Vor­aus­set­zun­gen und mit vor­he­ri­ger Genehmigung ein­ge­führt werden.

Um auf Nummer sicher zu gehen, schrieb ich die isländische Behörde Lyf­ja­stof­nun an und er­hielt fol­gende Ant­wort: „All import of medi­ci­nal pro­ducts for per­sonal use to Ice­land must be accord­ing to Regu­la­tion No. 1277/2022 on impor­ta­tion by indi­vi­duals of medi­ci­nal pro­ducts for per­sonal use … Fol­low­ing link is also use­ful even though it is in Ice­lan­dic: Lyf í faran­gri eða pósti – Lyf­ja­stofnun.

Reit- + Angel­sachen

Gebrauchte Reit­aus­rüs­tung sowie Sättel, Zaum­zeug, Half­ter und Peit­schen aus Leder dür­fen nicht ein­ge­führt werden. Be­nutzte Angel- und Reit­be­klei­dung, ein­schließ­lich Hand­schuhe, Reit­stie­fel und Wat­stie­fel können nur nach Des­in­fek­tion nach Island ein­ge­führt werden. Die ordnungs­gemäße Des­in­fek­tion muss durch eine tier­ärzt­lich be­voll­mäch­tigte Be­schei­ni­gung nach­ge­wie­sen werden. Ande­ren­falls trägt man bei der Ein­reise die Kos­ten für die zwangs­weise Des­in­fek­tion.

Im Krankheits­fall

Jedem von uns kann es passieren, dass er derart krank wird, dass ein Arzt­be­such un­ver­meid­lich wird. Das Gesundheitssystem in Island ist aufgrund der geringen Besiede­lungs­dichte anders auf­ge­baut als hierzulande. In der un­mittel­baren Nähe von Reyk­javík fällt das kaum auf: man fährt in ein ge­eig­ne­tes Kranken­haus, zeigt seine EU-Kranken­ver­sicherungs­karte vor, zahlt einen kleinen Obulus und wird versorgt.

Anders sieht es in dünn be­siedel­ten Regionen aus. Ver­letzt man sich zum Bei­spiel den Fuß – ver­staucht oder gar ge­brochen – be­ginnt für Ur­lauber mit­unter eine Odyssee. Es gibt Gesund­heits­zentren, in denen zwar kein Arzt an­we­send ist, aber spe­ziell aus­ge­bildete Fach­kräfte, so­ge­nannte „Nurses“. Diese ent­scheiden, wie weiter zu ver­fahren ist, stel­len je­doch keine ärzt­lichen Befunde aus. Diese sind für Aus­lands­kranken­ver­sicherungen aber von großer Bedeutung.

Um einen Bruch aus­zu­schließen, ist eine Röntgen­unter­suchung not­wendig. Nicht jedes Gesund­heits­zentrum verfügt jedoch über ein Rönt­gen­gerät. Erwischt man am Wochen­ende einen Bereit­schafts­arzt in einem Zentrum mit Rönt­gen­gerät, bringt einem das nicht viel, da der Arzt das Gerät unter Umständen nicht be­dienen kann. Es bedarf einer Rönt­gen­assis­ten­tin, die aber nicht un­be­dingt Bereit­schafts­dienst hat. Glück hat, wer den­noch eine er­reicht.

Die Auf­nahmen werden zur Beurteilung sicherheitshalber nach Reyk­javík ge­schickt, da der Bereit­schafts­arzt kein Ortho­päde ist. Dort werden sie jedoch am Wochen­ende nicht ausgewertet. Letztendlich fährt man 500 km nach Reyk­javík zurück und verbrät Urlaubs­tage – uns passiert.

Island + Türken + Mord?

Die euro­pä­ische Anti­pathie gegen Tür­ken ist stark aus der Ge­schichte ge­prägt. Das Os­ma­ni­sche Reich, das sich bis nach Süd­ost­euro­pa er­streckte, sowie die Bar­ba­res­ken-Kor­saren, waren Syno­nym für „die Tür­ken“. Allerdings waren die Bar­ba­res­ken-Kor­saren meist mus­li­mi­sche Kaper­fahrer von der Bar­barei-Küste in Nord­afrikas – hin­ge­gen Tür­ken waren sie nicht.

Dennoch präg­ten Ihre Ein­fälle im Jahr 1627 nach Grin­da­vík, in die Ost­fjorde und be­son­ders auf die Vest­man­naey­jar, wo etwa 400 Islän­der ver­sklavt und 50 er­mordet wur­den, den islän­di­schen Be­griff „Tyrk­jaránið“ (Tür­ken­raub). Viel­leicht kur­siert des­halb das Ge­rücht, dass bis in die 1970er in Island er­laubt ge­we­sen sei, ohne wei­tere Kon­se­quen­zen, Tür­ken zu er­morden.

Weder in den Auf­zeich­nun­gen der Geset­zes­nie­der­schrif­ten noch in sonstigen Quellen fin­det sich ein der­ar­ti­ger Nach­weis. Wer mag, kann selbst nach den Be­griffen“Tyrk­nesk“ (Türke) oder „Tyrk­jaránið“ (Türken­raub) in diver­sen Gesetz­quel­len der frü­hen islän­di­schen Ge­schich­te recher­chie­ren, bei­spiels­weise in den „National and Uni­ver­sity Lib­rary of Ice­land: Lib­rary web­sites“ Be­ständen.

Daten + Fakten

HauptstadtReykjavík
Staatsformparlamentarische Republik
Un­ab­hän­gig­keit1944
WährungISK (isländische Krone)
Kfz-Kenn­zeichenIS
Länder-Vorwahl+354
Notruf-Telefon­nummer112
Telefonie-KostenEU-Roaming
im VergleichIslandDeutschlandTürkei
Fläche km² [5]103.125357.588783.562
Ein­wohner­zahl [1]387.55884.548.23187.270.501
Be­völkerungs­dichte (Einwohner/km²)4236111
Index der mensch­lichen Ent­wicklung (Rang) [3]1551
Durch­schnitts­alter (Medianalter in Jahren) [1]3846,834
Lebens­er­wartung (Jahre) [4]828178
Brutto­inlands­produkt (pro Ein­wohner/USD) [6]87.20554.99015.463
Welt­friedens-Index (Rang) [2]120139

Quellen (abgerufen 08.06.2025):

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