Tulpen; Laleler

Tulpen

Die Ur­sprünge der Tulpe

Die Tulpe zählt wohl neben der Rose zu den meist ver­brei­teten Zier­pflanzen­arten auf der Welt. Wenn über Jahr­hunderte eine Pflanze der­artig kul­ti­viert wird, ver­schwimmen ihre Ur­sprünge. Sehr oft kreuzen sich von Menschen­hand ge­züch­tete Pflanzen mit Wild­pflanzen und je nach re­giona­len kli­ma­tischen Bedingung ent­wickeln sie sich zu eigen­stän­digen ver­wil­der­ten Arten. Welches waren die ur­sprüng­lichen Wild­arten der Tulpe? Eine Frage­stellung ver­gleichbar mit dem Lösen des gor­dischen Knotens.

Ursächlich war die Tulpe eine Pflanze der Steppen und von Berg­regionen. Laut den An­gaben aus Wiki­pedia kommen die meisten an­er­kannten Tulpen-Arten aus den heutigen Ländern Usbe­kistan, Kasachs­tan, Kir­gistan, Iran, Tadschi­kistan, Türkei, Afghanis­tan, China und Kau­kasus (sortiert nach ihrem Vor­kommen Stand 09.05.2023).

Türkei und die Tulpen

Schwarze Tulpen; Siyah Laleler

Meine Mutter erzählte mir viele Ge­schichten aus ihrer Heimat – sie waren immer voller Heim­weh, sie duf­teten nach Heimat­erde, schmeckten nach der Sonne der Türkei. Eine Geschichte war die um den Garten ihres Vaters in Istan­bul. In seinem Garten wuchsen aus den Nieder­landen im­por­tierte schwarze Tulpen. So lernte ich von ihr, dass die schwarze Tulpe eine Züch­tung aus os­ma­nischen Zeiten war und diese Tulpen-Sorte je­doch ihren Weg in die Nieder­lande nahm und von dort aus wieder in die Heimat zurück fand.

In der Türkei hat die Tulpe nicht nur einer Epoche „Lâle Devri (1703–1730)“ ihren Namen gegeben, sie fand ihren Weg in Ge­dichte und Lieder, ihre Farbe und Form wird in der Ebru-Kunst dar­ge­stellt, als Orna­ment in Kopf­tüchern und Stof­fen verwendet, in Kacheln wieder­ge­geben, manche türkischen Mokka-Tassen ent­lehnen ihre Form der Tulpe. Diese Auf­zählung könnte man noch schier un­endlich weiter fort­setzen.

Ebru Tulpe; Ebru Lale

Deshalb war ich vor diesem Artikel der Über­zeugung, dass die Ur-Tulpe, aus der alle anderen Zier­pflanzen-Sorten kul­ti­viert wurden, ur­sächlich eine anato­lische Wild­pflanze sei. Diese An­nahme wurde durch eine wissen­schaft­liche Sendung vor vielen Jahren, die die Ur­tulpe in Anato­lien ver­wurzelt sah, unter­mauert. Aber je mehr ich mich mit dem Thema „Tulpen“ hier aus­ein­ander­setzte, um­so mehr war mein Er­staunen. Denn es ranken sich viele unter­schied­lichen Ge­schichten um die Tulpe.

Die Namen der Tulpe

Tulpen; Laleler

Eine erzählt die kurze Geschichte, warum im euro­pä­ischen Sprach­raum der tür­kische und ur­sprüng­lich per­sische Name „Lale“ nicht Ver­wendung fand. Denn in Europa ver­glich man die Tulpen­zwiebel und ihre rote Blüten-Farbe mit orien­ta­lischen Tur­banen. Aus diesem Ver­gleich her­aus wurde dann im indo­germani­schem Sprach­raum aus dem tür­kischen Wort „Tül­bent“ (Be­deutung: ein feiner Stoff, den man auch als Kopf­be­deckung nutzen kann) in Varia­tionen der Be­griff für Tur­ban als auch für die Tulpe ge­prägt („Tulpe“, in: Wolfgang Pfeifer et al., Ety­molo­gisches Wörter­buch des Deutschen (1993), digita­li­sierte und von Wolfgang Pfeifer über­ar­bei­tete Ver­sion im Digi­talen Wörter­buch der deutschen Sprache).

Die Namen der Tulpe in unter­schied­lichen Sprachen:

  • Tulip englisch
  • Tulip paschto
  • Tulipa spanisch
  • Tulp nieder­ländisch
  • Tulpe deutsch
  • Tyul’pan russisch
  • Tulipan serbisch
  • Lala serbisch
  • Lale türkisch
  • Lāle fārsī, persisch
  • Lola usbekisch
  • Lola tadschikisch

Im persischen wurden mit „Lāle“ auch rote Blumen be­zeichnet. Ethy­mo­lo­gisch scheint der Tulpen-Namens­be­stand­teil „Lal“ im per­sischen als auch im Sans­krit für rot zu stehen („Lale“ Türkçe Eti­mo­loji 19.05.2023).

Die Reise der Tulpe

Tulpen; Laleler

Denn in frühen Zeiten war die Tulpe auch im Fernen Osten und Indien be­reits be­kannt – da­von zeugen Wand­male­reien und Holz­schnit­ze­reien. Mitte des 16. Jahr­hunderts führte der Weg der Tulpe sie nach Europa, letzt­end­lich in die heutige Nieder­lande. Ob sie nun über Groß­britan­nien, Italien, Schweiz oder Öster­reich dort­hin kam, bleibt un­klar. Einzig klar ist, dass die Nieder­länder – ob nun über Um­wege oder direkt – von den Os­manen, die Os­manen von den Per­sern und die Per­ser von den Ur­ein­wohnern der von ihnen be­herrsch­ten Ge­biete sich die Tulpe an­ge­eignet haben.

Nieder­lande und die Tulpen

Tulpenfelder; Lale tarlaları

In Europa assoziiert man mit der Tulpe fast nur die Nieder­lande. Es gibt unter­schied­liche Ge­schichten dar­über, wie sie im 16. Jahr­hundert dort­hin kam. Eine lautet, dass Tulpen-Zwiebeln aus dem os­ma­ni­schen Reich ge­stohlen wurden, eine andere er­zählt da­von, dass Sultan Süleyman diese dem Dip­loma­ten Busbecq ge­schenkt hätte. Und viele anderen Ge­schichten ranken sich um den „Weg der Tulpe“.

Aber wie kein anderes Land hat die Nieder­lande, trotz­dem sie eine für die Tulpe un­wirt­liche Region ist, es zu­stande ge­bracht, mit dem Fleiß ihrer Be­völ­kerung und ihrem Ge­schäfts­sinn die Tulpe zu einem Produkt der Nieder­lande werden zu lassen.

Die Tulpe als Gegen­stand des ersten Börsen­crashs

Tulpen; Laleler

Osmanen hätten wohl kopf­schüttelnd ge­sagt „die Europäer sind ein Volk für sich“. Denn es ent­stand ein „Fieber“ nach der Tulpe. Immer mehr wurde die Tulpe in der Gier nach noch mehr Geld zu einer Spe­ku­la­tions­blase. In der Hoch­phase war eine ein­zige Tulpen­zwiebel so­viel wert wie ein An­wesen an einer Gracht in einem vor­nehmen Vier­tel von Amster­dam. Letzt­end­lich platze 1637 diese Spe­ku­la­tions­blase und viel Er­spartes ging ver­loren (Welt: Diese Spekulationsblase ruinierte das reichste Land).

Die Tulpe – Gift als auch Nahrung

Tulpen; Laleler

Der Winter 1944/45 ging in die Analen der Nieder­länder als der „Honger­winter“ ein. Denn die deutsche Blockade ver­hin­derte die Ver­sor­gung mit Nahrungs­mit­teln. Tulpen­zwiebeln als Garten­pflanze konn­ten auf der einen Seite nicht mehr ex­por­tiert werden, auf der an­de­ren Seite star­ben immer mehr Menschen an Hun­ger (West­fälische Wil­helms-Uni­ver­sität Münster: Nieder­lande: Geschichte 1940 bis 1945: Hungers­not). Als dann be­kannt wurde, dass die Tulpe zwar gif­tig, aber ihre Zwiebel ge­kocht unter Vor­be­halt für den mensch­lichen Ver­zehr ge­eignet war, wurde aus der Garten­zier­pflanze ein Nahrungs­mittel (Gift­zentrale Bonn: Tulpe (Tulipa gesne­riana)). Sie hat da­mals vielen Menschen das Leben ge­rettet. So­viel zu diesem gif­tigen Exkurs.

Wenn die Tulpen blühen

Tulpen; Laleler

Es gibt insgesamt über 4200 Tulpen-Sorten. Die beste Blüte­zeit ist so­wohl für gän­gige Zier­sorten als auch für wilde Tulpen Mitte April bis Anfang Mai – je nach Wit­te­rungs­be­din­gungen, ob kühl oder sonnig. Bei den Zier­sorten gibt es je­doch Unter­schiede, des­halb werden Zucht­tulpen in drei Blüh­phasen ein­ge­ordnet:

  1. Frühblühende Tulpen­sorten: Blüte­zeit: März
  2. Mittelblühende Tulpen­sorten: Blüte­zeit: April
  3. Spätblühende Tulpen­sorten: Blüte­zeit: Mai, mitunter auch Juni

In den Nieder­landen sieht man im Früh­ling auf Äckern und Parks Tulpen er­blühen – siehe unseren Reise­bericht Nieder­lande: Tulpen.

Wilde Tulpen in der Türkei

Auch in der Türkei kann man die Tulpen­blüte in Parks ge­nießen. Indes trifft man in der Türkei aber auch viele wilde oder ver­wil­derte Tulpen­arten in der freien Natur an.

deutscher Nametürkischer Namewisschen­schaft­licher NameVor­kommen in der Türkei
Armenische TulpeDağ lâlesiTulipa armenaNord-Ost-Türkei
Zwei­blütige TulpeAk lâleTulipa bifloraOst-Ana­tolien
AlalTulipa systolaÇukur­ca (Hak­kari)
Damen-TulpeÇelebi lâlesiTulipa clu­sianaAydın
Niedrige TulpeÇoban lâlesiTulipa humilisHakkâri, Vansee
Çuh lâlesiTulipa koyuncuiHakkâri, Özalp (Van)
Orphani­des-TulpeDoğan­diliTulipa orphani­deaÄgäis-Region, Thrakien
Aleppo TulpeEkin lâlesiTulipa aleppensisSüd-Ost-Türkei
Sonnen­augen-TulpeKaba lâleTulipa agenen­sisSüd-West-Ana­tolien
Karaman TulpeKaraman lâlesiTulipa cinna­barinaSarı­ve­liler (Karaman)
Felsen-TulpeKeraye lâlesiTulipa saxa­tilisBoz­burun Halb­insel (Marmaris)
Gewellt­blätt­rige TulpeKıvırcık lâleTulipa undu­la­tifoliaTekir­dağ, Çanak­kale, İzmir
Muş-TulpeMuş lâlesiTulipa sinteni­siiErzurum, Muş, Patnos, Tutak, Eleş­kirt, Sof Dağı (Gazian­tep)
Wilde TulpeSarı lâleTulipa syl­ves­trisVan
Süd­alpine TulpeYavruağzıTulipa syl­ves­tris subsp. austra­lisBolu-Çan­kırı, Kör­oğlu-Ge­birge, Bey­pazarı, Antal­ya, Kaz­dağı, Ulu­dağ, Ägäis­region
Frühe TulpeTez lâleTulipa raddiiAmasya
Meso­po­ta­mische Zwerg­tulpeToros lâlesiTulipa pul­chellaTaurus­ge­birge
Julia-TulpeYaban lâlesiTulipa juliaOst-Türkei

Warum deshalb nicht mal zur Tulpen­blüte in die Türkei? Welt­weit ein­malig soll die Strecke Muş-Patnos-Tutak-Eleş­kirt sein, da man dort zum richtigen Zeitpunkt auf dieser langen Strecke von 250 km Tulpen in ihrem Wild­wuchs er­leben kann. Wir waren leider noch nicht dort, aber es muß ein ein­maliger An­blick sein.

Vielleicht treffen wir uns irgend­wann dort Reisende

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